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AutorenbildKatrin Wiemeyer

Schwarz-weiß. Der Hautkrebs und alles andere.

Aktualisiert: 5. Feb.



Teil 21


Ein gutes neues Jahr für uns alle!


Ich hoffe, ihr seid gut im 2024 angekommen und habt euch schon ein bisschen eingelebt...

Mir fällt auf, wie krass rasant ich die Zeit und ihr Tempo empfinde, ich fühle mich mittlerweile in einer Reihe mit Else, Wilhelm und Rosemarie. " Kinder, seid ihr groß geworden!"geht auch mir inzwischen völlig unbemerkt über die Lippen. Woran das liegt?

Ich vermute, es ist eine Mischung aus dem Fakt, dass meine 40er bald zu Ende gehen und der schweren Jacke, die mich hin und wieder daran erinnert, dass vielleicht nicht alle Menschen 90 werden.

Auch mein Bandscheibenvorfall in der HWS gibt mir an den meisten Tagen ein eindeutiges Else-Gefühl. Dieser hat übrigens mit meinem heutigen Thema zu tun.


Hier geht's ja auch um "alles andere", aber irgendwie hängt ja auch immer alles zusammen...lasst euch überraschen.


Ich möchte heute etwas genauer hinschauen zum Thema "Zweite Meinung".


Als "zweite Meinung" bezeichnet man die Möglichkeit, sich als Patient:in zu einem weiteren Arzt oder Ärztin zu begeben, um dort zu erfahren, was diese als Behandlung vorschlagen.

An großen Kliniken z.B. Tumorzentren gibt es sogar eigene Sprechstunden, in denen man sich beraten lassen kann.

Auch zu anderen Themen wie einer bevorstehenden, bzw. empfohlenen Knieoperation, einer Zahnbehandlung oder anderen Krankheitsbildern, die das deutliche Eingreifen in Form von Behandlung erfordern, ist dies eine Möglichkeit, den für sich selbst besten Weg bewusst zu finden und letztlich zu gehen.

Dass es sich empfiehlt, bereits im Netz zu recherchieren, welche Kliniken sich für welche Krankheitsbilder zertifiziert haben, bzw, diese als Spezialgebiet mit hohen Zahlen behandeln, weiß glaub ich, auch noch nicht jeder oder jede. Ich übrigens auch erst, seit ich in der Selbsthilfe aktiv bin.


Ich frage mich, woher kommt die Hemmschwelle, sich umzuschauen?


Wenn wir uns eine neue teure Jacke kaufen wollen, sehen wir uns doch auch in mehreren Geschäften um?

Und die besondere Outdoorjacke mit der Dingenswassersäule kaufe ich dann vermutlich bei einem Sportgeschäft, dass sich zum einen auskennt und zum anderen gute Auswahl bietet?!


Aber wenn es um unseren Körper und unsere Gesundheit geht, verstummen die meisten von uns.

Wir bleiben bei Arzt oder Ärztin, die das Problem entdeckt haben, es sei denn, sie überweisen uns.

Dann gehen wir da hin, wo der Bus hält oder Anneliese auch schon mal war.

Kommen wir ins Krankenhaus, dann in das um die Ecke und bleiben da auch.

Ich hab jetzt Krebs?

Ok, dann machen wir mal, was mir hier vorgeschlagen wird.

Ich habe in meiner Reha in Oexen viele Frauen mit Brustkrebs kennengelernt und viele operierte Brüste gesehen...die Bandbreite könnt ihr euch nicht vorstellen!

Natürlich hängt alles von Tumorgrößen, Lage und sonstwas ab, aber es macht einfach einen Unterschied, ob in einem Brustzentrum mit großem Opteam verschiedenster Fachrichtungen operiert wird und am Ende der plastische Chirurg tun kann, was er gelernt hat, oder ob im Kreiskrankenhaus versorgt wird.

Nagelt mich bitte nicht fest, selbstverständlich habe ich keine chirurgische Ausbildung und rede ein bisschen lapidar, trotzdem ist es Fakt, dass man im einen Krankenhaus besser mit der Lunge unterkommt und im anderen besser mit der Brust.


Was hält uns also ab, uns weiter umzusehen auf dem Weg für unsere Gesundheit?

Im besten Fall hören wir doch zweimal das Gleiche und sind uns danach absolut sicher?!


Ich hatte diese Situation vor ein paar Monaten auch. Und da bin ich wieder bei meiner Bandscheibe...


Mein niedergelassener Orthopäde (der, bei dem Anneliese auch immer war) dokterte erst ein bisschen an mir rum und schickte mich schließlich ins MRT. So weit, so richtig.

Mit seinen zehn Worten pro Patient:in erklärte er mir dann, ich habe einen Vorfall und dies und das , OP nicht nötig, ich solle mal zur Schmerztherapie ins nahegelegene Krankenhaus, hier ist die Einweisung, schönen Tag noch. Ich war maximal überrumpelt und völlig fertig. Auf meine Frage, was das nun alles genau bedeute, sagte er mir, das erfahre ich dann in der Klinik von den Kollegen.

In dieses Krankenhaus, dass mir viele schmerzhafte Erinnerungen macht, wollte ich auf keinen Fall.

Übrigens habe ich diese Erinnerungen, weil auch ich bei meiner ersten Geburt ins Krankenhaus fuhr, das um die Ecke war und meine Mutter nach ihrer Brustkrebsdiagnose auch keine Muße verspürte, sich in ein Krebszentrum verlegen zu lassen...die aufmerksamen Leser:innen bemerken meinen deutlichen Bezug zu diesem heutigen Thema....


Also recherchierte ich und fand heraus, dass es im Krankenhaus meines Vertrauens eine Sprechstunde für zweite Meinungen zum Thema Wirbelsäule gibt. Ich vereinbarte einen Termin und dann passierte das, was vielleicht für viele der Grund ist, an Ort und Stelle um die Ecke zu bleiben:

Ich fühlte mich wie ein Kind, dass verbotenerweise in Nachbars Garten war, oder noch schlimmer, den Orthopäden hintergeht, der übrigens ganz selbstverständlich direkt sein favorisiertes Krankenhaus auf die Einweisung geschrieben hatte. Er informierte mich nicht, dass ich auch ein anderes aussuchen könnte.

Es brauchte ernsthaft einen langen Anruf bei der Mitarbeiterin der Terminvergabe im anderen Krankenhaus, die mir vorschlug, mir einfach eine neue Überweisung bei meiner Hausärztin zu holen und einen bei meiner Krankenkasse, um mich zu versichern, dass ich das alles so machen darf.

Ich bin wirklich eine selbstbewusste Frau ohne Angst, mich auseinanderzusetzen, aber diese Entscheidung drückte mir erstmal den Schweiß unter die Arme.

Aber warum???

Vielleicht weil in mir und den meisten von uns noch der Urglaube von den "Göttern in weiß" steckt?

Weil sich die zweite Meinung nach schalem Verrat anfühlt?

Weil es mir doch gar nicht zusteht, als Laie die Expertise DES Orthopäden in meiner Stadt in Frage zu stellen, obwohl mein Bauchgefühl sich den Hals heiser schreit?


Ich erzähle euch noch, wie es war, in dem anderen Krankenhaus.


Auf einmal fühlte ich mich gesehen und gehört, der Oberarzt hatte Zeit für mich und als ich ihm den Befund des MRTs geben wollte, sagte er, "nee, nee.. das schaue ich mir immer selber an. Wissen Sie, der Radiologe ist ja kein Neurochirurg, der kann ja auch mal was falsch bewerten."

Und es war genauso, er zeigte mir, so, dass ich es verstehen konnte, warum mein Muttihals ein Fall für den OP-Tisch ist. Der geschriebene Befund aus der Radiologie war schlichtweg falsch.

Er machte viele Tests mit mir, die in den zwei bis drei Minuten bei Katrin und Annelieses Orthopäden nie gemacht wurden und beantwortete mir danach ca. 100 Fragen.

Ich hätte natürlich gern was anderes gehört, aber mein Bauch hat sich wieder schlafen gelegt.

Zum Schluss sagte er mir, dass es natürlich meine Entscheidung sei, ob und wann ich mich operieren lasse. Ich könne mir gern eine weitere Meinung einholen oder wiederkommen, um weitere Unsicherheiten zu besprechen.


So.


Und ich glaube da liegt der Hase im Pfeffer!

Unabhängig davon, dass die meisten mit dem Gefühl aufgewachsen sind, Ärzt:innen stellt man als Ottonormaldösel nicht in Frage, liegt es, davon bin ich jetzt überzeugt, am Auftreten und der Beratung der Ärzt:innen.

Wenn sie es gut machen, erklären sie, nehmen sich Zeit für Fragen, schauen genau hin und geben uns als Patient:innen das Gefühl, auch ohne Medizinstudium mit ihnen auf Augenhöhe kommunizieren zu können.

Mündig zu sein und immer die letzte Entscheidungsgewalt zu haben.

Natürlich geht das nicht im Notfall, aber über diesen habe ich hier auch nicht geschrieben.


Und jetzt?

Ich möchte uns alle ermutigen, für uns einzustehen, zweite Meinungen einzuholen, Expert:innen aufzusuchen und auch die 101. Frage zu stellen.

Ganz konkret:

  • Nehmt euch zum Gespräch eine Person eures Vertrauens mit

  • Wenn ihr z.B. zur Befundbesprechung geladen seid, notiert euch vorher Fragen und habt etwas zum schreiben dabei

  • Informiert euch im Netz, bei den Krebsberatungsstellen oder auf fundierten Internetseiten über eure Erkrankung, euer Stadium, Behandlungsmöglichkeiten etc.

  • Sucht nach Kliniken, die für euren Bereich zertifiziert sind

  • Klinikbewertungen lesen ist zwar subjektiv, macht aber auch ein Grundgefühl zu den Dingen, die euch persönlich wichtig sind, wie Zeit, Beratung, Ausstattung etc.

  • Fragt in eurer Selbsthilfegruppe nach Erfahrungen und Empfehlungen


Klingt alles gar nicht so kompliziert, oder? Und verboten auch nicht? Und irgendwie logisch?


Also los, viel Erfolg auf deinem und meinem Weg zum mündigen Patient, zur mündigen Patientin!

Wenn wir nach bestem Wissen und Gewissen Wetterjacken vergleichen können, können wir das auch für "unser höchstes Gut", ich zitier Omma, unsere Gesundheit.

Und falls hier jemand "vom Fach" mitliest, was mich außerordentlich freuen würde, ermutigt uns auf diesem Weg, oder besser, zeigt uns erst einmal, dass es ihn gibt!

Denn was kann es den besseres geben, als einen Patient oder eine Patientin, die sich bewusst und mit bestem Bauchgefühl auf den gemeinsamen Weg der Behandlung macht?

So nämlich.


Und nun ein schönes Wochenende für uns alle.


Ich muss noch einen neuen Termin im Halskrankenhaus meines Vertrauens machen, ich hab nämlich noch Fragen.


Herzlichst, eure Katrin








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