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AutorenbildKatrin Wiemeyer

Schwarz-weiß. Der Hautkrebs und alles andere



Teil 15


Mein ganz persönlicher Rückblick auf unser Treffen in Essen


Nun ist es also schon wieder zwei Wochen her, unser großes MID- Gruppentreffen...


Seit diesen zwei Wochen schwirren mir so viele Gedanken und Worte durch den Kopf.

Und nicht nur das.

Sie mischen sich mit Gefühlen und einer Art warmer Suppe im Bauch.

Vor dem Treffen war ich wirklich aufgeregt!

Ich fühlte mich wie vor einem Blinddate, aber eben nicht mit einer Person sondern mit knapp 100!

Ein paar tollen Leuten war ich bereits begegnet, in der Reha, bei unserer Lesung und z.B. bei unserer Aktion in Berlin.

Das gab mir ein bisschen Vorsprung in Sachen Sicherheit.

Aber ich wusste auch, ich würde die Frauen treffen, mit denen ich seit zwei Jahren im Adminteam zusammen arbeite, mit denen ich quasi dank Messenger morgens in den Tag starte und ihn abends beende.

Mit denen ich viel Zeit investiere, um Selbsthilfe auch für andere in hoher Qualität jeden Tag auf die Beine zu stellen. Mit denen ich- so pathetisch es klingt- für die gleiche Sache kämpfe.

Man stelle sich vor, wir begegnen uns nach dieser langen Zeit zum ersten Mal und denken :"was is das denn für ne Graupe???".

Oder die denken :"was ist denn die Katrin für ne merkwürdige Schnecke??".

Ich hatte wirklich so richtig "Schiss inne Bux" ,wie man hier im Pott so sagt.

Was soll ich Euch sagen?

Es passierte, was ich so sehr gehofft hatte.

Wir umarmten uns, wir mochten uns sofort auch "in echt", wir lachten über den selben Scheiss und plumpsten zusammen in die fetten Kissen der Hotellounge.

Es fühlte sich an wie nach Hause kommen.

Nichts war fremd oder wirkte gekünstelt.

Und so ging es mir mit so vielen Menschen an diesem Wochenende.

Immer wieder ergaben sich Gespräche, Begegnungen und ich hörte von vielen, wie wichtig unsere Arbeit ist und wieviel Dankbarkeit und Anerkennung empfunden wird.

Das hat mich hier und da zu Tränen gerührt, spätestens als mir Uli seinen selbstgefertigten Stift überreichte, eingebettet in viele warme Worte.


An diesem Wochenende war einfach alles dabei.

Ich hab gelacht und geheult.

Zugehört und gequatscht.

Altes geteilt und Neues erfahren.


Immer wieder bin ich beeindruckt von den Menschen in unserer Gruppe.

Wir sind alle total verschieden, aus allen Ecken und Kanten des Landes und der Gesellschaft.

Wir sind alt und jung, vermutlich arm und reich.

Eines eint uns.

Wir bieten dem Krebs die Stirn, wir teilen unsere Geschichten und werden Gefährt:innen.

Das versteht nur, wer es erlebt hat.

Was Selbsthilfe kann, kann kein Ratgeber, kein Ratschlag von Fachpersonal und - da bin ich auch sicher- kein Psychologe und keine Psychologin.

Wir sitzen in einem Boot.

Und rudern, was das Zeug hält. Ohne uns vorher begegnet zu sein gehen wir zusammen auf Reisen. Unbezahlbar.


Und nun komme ich zu Teil zwei meiner ganz persönlichen Gruppentreffengeschichte.

"Komm mit in die Blase, steig ein in das Boot!"


Für mich war ebenso so wichtig, dass mich mein Mann nach Essen begleiten konnte.

Ich glaube für unsere Lieben ist es zum Teil schwer, auszuhalten.

Sie sind tagtäglich an unserer Seite, sorgen für uns, halten und tragen uns , wenn es nötig ist.

Sie zittern mit uns Befunden entgegen und kämpfen mit ihren eigenen Monstern unterm Bett.

Mein Mann tut all das seit "Tag eins" unseres neuen Lebens, des Lebens mit dem Krebs.

Durch meine Rehas und mein Engagement habe ich mir ein zweites Netz aufgebaut, dass mich trägt.

Ich habe Menschen, die mir zuhören, mich verstehen und mit mir rudern, wenn es stürmisch wird...wir sitzen im selben Boot.

Und er?

Ich glaube , er hat sich sehr für mich gefreut, hat gesehen, wieviel Kraft mir dieses Boot gibt.

Und gleichzeitig stand er immer etwas abseits am Ufer.

Ich hab ihm zugerufen, ihm erzählt, aber trotzdem saß er nicht mit in diesem Boot.

An diesem Wochenende in Essen hat sich das geändert, glaube und hoffe ich.

Das Boot stand schon bereit, alle Leute kamen nach und nach an Bord, es schaukelte, ein großes Hallo und dann ging es los.

Die Truppe hat sich vergrößert um die Lieben von zuhause, die mit eingestiegen sind.

Auf einmal gibt es nicht mehr die eine und die andere Welt, die "Bubble", in der ich meinen Halt finde bei anderen Betroffenen und meinen Anker zuhause im echten Leben, der mich trägt und sich von keinem Sturm wegpusten lässt.

In Essen waren diese Welten vereint.

Und das ist für mich das Bewegendste, wenn ich zurück blicke.

Danke Essen, danke Euch!



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